Die Weihnachtstraditionen am Rathausplatz & das Werk Versöhnung

Anlässlich des Weihnachtsmarktes verwandelt sich der Rathausplatz, das institutionelle Herz der Stadt Bozen, in einen Ort der Begegnung zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Tradition und Moderne.

Die Traditionen des Alpenadvents

Eine multimediale Installation erkundet die Traditionen des Advents in Südtirol und beginnt eine Erzählung, die sich bei Sonnenuntergang, von 17 bis 22 Uhr, in leuchtender und bildlicher Form über die Fassade des Rathauses erstreckt. Jede Geschichte ist mit einem Ereignis des Alpenadvents verbunden.

Adventsnovenen – vom 1. bis 17. Dezember

Papst Gregor legte im 7. Jahrhundert für die römische Kirche fest, dass die Adventszeit vier Sonntage umfassen sollte. Die liturgische Farbe ist Violett, und das Gloria wird nicht gesprochen, da um Vergebung gebeten wird. In dieser Zeit entstanden die Adventsnovenen. Die Novenen sind Votivmessen, die Maria gewidmet sind und ursprünglich an einigen Orten am frühen Samstagmorgen gefeiert wurden, während sie an anderen Orten auch unter der Woche, normalerweise früh, gelegentlich auch abends bei Kerzenschein abgehalten wurden. Entsprechend dem feierlichen Charakter wird während dieser Messen das Gloria gesungen und die liturgische Farbe ist Weiß. Ab dem 17. Dezember werden diese Messen nicht mehr abgehalten.

Alpen-Adventskalender – vom 1. bis 24. Dezember

Die Tradition, einen Kranz aus Tannenzweigen zu basteln, um sich auf Weihnachten vorzubereiten, geht auf die deutsche und österreichische Kultur zurück. Der Brauch beruht auf einer Legende aus dem 19. Jahrhundert, nach der ein deutscher Theologe und Pädagoge zahlreiche arme Kinder adoptiert hatte. Während der Adventszeit fragten die Kinder oft, wann endlich Weihnachten sei. Der Mann bastelte daraufhin einen Kranz mit Kerzen und zündete jeden Tag eine Kerze an, um die Annäherung des großen Festes zu markieren. Dieses Symbol der Erwartung der Geburt Jesu hat sich in fast allen christlichen Konfessionen durchgesetzt. Die Vermehrung des Lichts steht für das Wachsen der Erwartung, die die Gemeinschaft um den Kranz hegte. Heute werden die Kränze mit bunten Bändern, Blumen und Trockenfrüchten geschmückt.

Die Heilige Barbara – 4. Dezember

Die heilige Barbara lebte im 3. Jahrhundert n. Chr. in der heutigen Türkei, die damals dem Römischen Reich unterstand. Sie war die Tochter eines reichen Heiden namens Dioscorus, der sie wegen Ungehorsamkeit in einen Turm sperrte. Der Legende nach verfing sich ein Kirschzweig in Barbaras Kleid, als sie in den Turm geführt wurde. Die zukünftige Heilige begann, den Zweig während ihrer Gefangenschaft zu gießen, und wie durch Zauberei blühte der Zweig am Tag ihres Todes auf. Die Zweige der heiligen Barbara werden traditionell am Tag der Heiligen (4. Dezember) geschnitten, vorzugsweise vor Sonnenaufgang, und in einer Vase an einem wohltemperierten Ort im Haus aufbewahrt. Je üppiger die Blüten am Heiligabend, desto mehr Glück im kommenden Jahr.

Der Heilige Nikolaus – 6. Dezember

Der im 4. Jahrhundert geborene Nikolaus wurde schon in jungen Jahren zuerst Priester, dann Abt und später Bischof. Nach dem frühen Tod seiner wohlhabenden Eltern soll er sein Erbe an die Ärmsten verteilt und zahlreiche Wunder und Rettungen vollbracht haben, oft mit Kindern als Hauptfiguren. Die Verehrung verbreitete sich in ganz Europa, nachdem seine Reliquien 1087 nach Bari und teilweise nach Venedig gebracht worden waren. Viele Kirchen in Südtirol haben den Heiligen Nikolaus als Schutzpatron.

Warum gibt es am Nikolaustag Süßigkeiten? Einer Legende nach half der Heilige einem armen Vater, seine drei Töchter vor der Prostitution zu retten, indem er ihnen eine Mitgift zukommen ließ, versteckt in Stiefeln und Socken. Eine weitere mystische Figur, eng mit dem Nikolausbrauch verbunden, ist sein finsteres Gegenstück: Knecht Ruprecht, in manchen Gebieten besser als Krampus bekannt.

Thomasnacht – 21. Dezember

Die Nacht der Wintersonnenwende ist die erste der vier „Raunächte“ der bäuerlichen Tradition und wird in den Alpenregionen auch „Rumpelnacht“ genannt. Bereits in der Antike wurde diesen Nächten eine mystische Bedeutung zugeschrieben. Bis zur Liturgiereform 1969 war der 21. Dezember im katholischen Kalender die Nacht des Heiligen Thomas. Christen verbanden die Zweifel des Apostels mit der Dunkelheit der längsten Nacht des Jahres. Nach der Auferstehung wollte Thomas die Wunden Jesu berühren.

In dieser Nacht werden traditionell Praktiken zur Reinigung von bösen Geistern und Negativität durchgeführt, wie das Räuchern, das vor allem in ländlichen Gebieten Südtirols verbreitet ist: Bei Kerzenschein geht die Familie mit einer rauchenden Pfanne oder Weihwasser durch das Haus, um die Luft zu reinigen, Lebensmittel länger haltbar zu machen, dem Glück den Weg zu bereiten und den Segen Gottes zu erbitten. Aberglaube und christlicher Glaube verschmelzen.

Alpines Weihnachten

Der italienische Begriff „Natale“ stammt vom christlich-lateinischen Wort Natāle(m), einer Ellipse von diem natālem Christi („Geburtstag Christi“). Ein altes Dokument, der Chronograph des Jahres 354, belegt die Existenz dieses Festes in Rom am 25. Dezember. Es fiel mit dem heidnischen Fest der Wintersonnenwende, dem Natalis Solis Invicti, zusammen: der Geburt der neuen Sonne, die nach der längsten Nacht neue Kraft gewann. Die Christen legten den Geburtstag Jesu bewusst auf diesen Tag, um einer beliebten heidnischen Tradition eine neue Bedeutung zu geben.

In Südtirol bringt das Christkind am Heiligabend allen braven Kindern Geschenke. Traditionell gehen die Kinder an diesem Tag zur Messe, während ein Erwachsener zu Hause auf das Kommen des Christkinds wartet. Wenn die Kinder mit der Bethlehemskerze zurückkommen, müssen sie vor dem Öffnen der Geschenke auf das Läuten eines Glöckchens warten – das Zeichen, dass das Christkind da war. Diese Gaben erinnern an das Geschenk Gottes an die Menschen: Freude schenken und Freude teilen.

Der olympische Geist trifft auf die Kunst

Auf einer Seite des Platzes entsteht Versöhnung, eine skulpturale Installation über Wurzeln und gemeinsame Werte. Im Zentrum steht ein 4,5 Meter hoher, ausgehöhlter Holzstamm, der zu einem fast sakralen Erlebnisraum wird. Rundherum stehen weitere Skulpturen aus demselben Holz, die jubelnde Menschen darstellen – ein Symbol für gemeinsames Feiern und den Geist der kommenden Olympischen Spiele. Die in der lokalen Tradition verankerte Formensprache erinnert an handwerkliches Können, Naturkraft und brüderliche Verbundenheit.

Versöhnung ist zugleich eine in Holz geschnitzte Mahnung: ein Aufruf, die Verbindung zur Natur wiederzufinden und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Gemeinschaftssinn und Respekt für die Schöpfung zu schaffen. Die Skulpturengruppe wird am 27. Januar 2026 den Weg der olympischen Fackel säumen und als Allegorie der universellen Werte des Sports dienen.

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